Türen

Sag ich’s oder sag ich’s nicht?

Klaus überlegt schon lange, ob er seiner Frau endlich mal erzählt, welche Dessous ihn wirklich anmachen. Verena geht beim zärtlichen Küssen mit Uwe gerade der Gedanke an eine interessante Frau durch den Kopf. Stefan würde gerne einmal mit seiner Freundin eine andere Form der Sexualität ausprobieren. Martina hatte einen Seitensprung.Viele von uns kennen solche Situationen, bei denen wir überlegen, ob wir einen Gedanken, Wunsch, eine Fantasie oder Erlebnis mit unserem Partner teilen – oder nicht. Ist das, was uns gerade durch den Kopf geht – oder schon länger beschäftigt – wichtig mitzuteilen oder behalten wir es besser für uns? Wie oft im Leben und in der Kommunikation gibt es hier keine einfache Antwort. Es ist nicht immer sinnvoll alles zu sagen, genauso wie es nicht immer sinnvoll ist nichts zu sagen. Wichtig ist, wie und wie frei wir uns für eine Möglichkeit entscheiden und wie wir es schaffen unsere Entscheidung umzusetzen, so dass es ‚passt‘. Und passen muss es zuallererst für uns selbst und zu dem was wir möchten. Und ganz wichtig: wir müssen uns nicht gleich für den Partner passend machen. Zu einer selbstbestimmten Sexualität gehört erst einmal, dass wir uns selbst und unsere Wünsche und Vorlieben kennen und akzeptieren. Und zwar unabhängig davon, was unser Partner oder unsere Partnerin sich wünscht. Es geht um unser eigenes Wünschen und Wollen, unser Begehren, das ist sozusagen unsere Basis auf der wir mit der Partnerin oder dem Partner in Kontakt treten.

Oft ist es dann eine Abwägung, ob wir etwas kommunizieren oder nicht. Die Entscheidung verläuft etwa zwischen den Seiten Bewahren (der Beziehung wie sie ist, der Art wie wir miteinander bisher umgegangen sind, des bisherigen Selbstverständnisses oder der Bildes, das der Partner von mir hat) und Entwicklung (der eigenen Sexualität, einer neuen Art des Austausches oder Zusammenseins in der Beziehung oder außerhalb). Beides hat Konsequenzen, beide Seiten sind mit Risiken und Potentialen, Vorteilen und Nachteilen verbunden, die es sorgsam abzuwägen gilt. Es geht weder um Entwicklung um jeden Preis, noch um das Zementieren von alten Beziehungsmustern.

Im Entscheidungsprozess zwischen Kommunizieren und Nicht-Kommunizieren spielen die eigenen Gefühle oft eine große Rolle. Auf unbekanntem Terrain erleben wir möglicherweise unsere eigene Unsicherheit oder Angst – fantasieren darüber was passieren könnte oder schief gehen. Diese Angst ist auch nicht unberechtigt, denn wenn wir uns für das Kommunizieren entschieden haben, gibt es keine Zurück. Das was wir der Partnerin oder dem Partner mitgeteilt haben können wir nicht zurückholen. Wir setzen uns damit einer anderen Unsicherheit aus, als wenn wir wie gewohnt, sozusagen in unserer Komfortzone, weitermachen. Bleiben wir dagegen in unserer Komfortzone, lässt uns vielleicht der Gedanke an versäumte Chancen nicht los. Welche Entscheidung wir treffen liegt allein bei uns und es lohnt sich diese Entscheidung bewusst und frei zu treffen. Dann gibt es eine gute Grundlage für einen partnerschaftlichen Austausch, in dem sowohl das Bestehende wertgeschätzt werden kann als auch Neues ins Spiel kommen darf.